The City of the Sun

Nach meinem erfolgreichen Architekturabschluss hegte ich den Wunsch, an der Technischen Universität Berlin am Institut für Architektur und Städtebau zu promovieren – ein Traum, den ich mir damals leider aufgrund der hohen beruflichen Belastung nicht erfüllen konnte. Trotzdem blieb Städte zu entwerfen schon immer meine Leidenschaft. Das konzipierte Thema meiner Promotion war eine Stadt, die nicht nur funktional und modern ist, sondern tiefgründig im Einklang mit der Natur existiert.

Umweltproblem und Motivation

Kohlendioxid (CO₂) ist eines der größten Probleme unserer Zeit – ein unsichtbares Gas, das die Erde langsam aufheizt. Es entsteht vor allem durch das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas in Industrie, Autos, Heizungen und Kraftwerken. In Städten ist die Belastung besonders hoch: Verkehr, Energieverbrauch und versiegelte Flächen tragen massiv dazu bei. CO₂ wirkt wie eine unsichtbare Decke – es lässt Sonnenlicht herein, hält aber Wärme zurück. Das bringt das Klima aus dem Gleichgewicht: Gletscher schmelzen, Wetterextreme nehmen zu. Doch wir können gegensteuern – mit sauberer Energie, sparsamen Gebäuden, besserem Nahverkehr und grüneren Städten. Jeder Schritt hilft. Was wir heute verändern, wirkt weit über morgen hinaus.

„The City of the Sun“: Die Vision

Aus dieser Motivation heraus nannte ich mein Konzept „The City of the Sun“ – eine visionäre Metropole, die zwischen Euphrat und Tigris entstehen sollte. Dort, wo einst die Wiege der Zivilisation lag, wollte ich eine neue urbane Zukunft entwerfen. Eine Stadt für drei Millionen Menschen, vollständig ökologisch, energieautark und sozial durchdacht.

In „The City of the Sun“ leben die Menschen in Gebäuden mit begrünten Dächern, die effizient Sonnenenergie speichern und Regenwasser auffangen. Die Straßen sind autofrei, durchzogen von Wasserkanälen, Fahrradwegen und urbanen Gärten. Öffentliche Plätze sind nicht nur Begegnungsorte, sondern auch lebendige Räume für Pflanzen und Tiere. Die Architektur folgt dem Rhythmus der Natur – organisch, atmend, respektvoll.

Diese Stadt sollte zeigen, dass Fortschritt und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sind. Dass Technologie nicht gegen, sondern im Verbund mit der Natur arbeiten kann. Und dass urbane Räume nicht nur gebaut, sondern auch gefühlt werden müssen.

Die Erfahrung der Stadt

Ich stellte mir vor, wie die ersten Sonnenstrahlen über die Dächer gleiten – Dächer, die nicht aus Beton, sondern aus lebendigem Grün bestanden. Zwischen Euphrat und Tigris, wo einst Mesopotamien blühte, sollte sie entstehen. Nicht als Rückblick, sondern als Zukunftsversprechen.

Die Straßen sind keine grauen Schneisen, sondern sanfte Wege aus Lehm und recyceltem Glas, gesäumt von Obstbäumen und Solarpaneelen. Öffentliche Plätze sind nicht nur funktional, sondern poetisch – mit Wasserläufen, die das alte Wissen der Flüsse ehren, und Pavillons, die Schatten spenden wie Palmen in einer Oase.

Kinder spielen barfuß in den Gärten, während Drohnen lautlos über die Dächer fliegen, um den Energiefluss zu optimieren. Die Stadt ist leise und friedlich, und doch voller Bewegung.

Fazit

Ich weiß, dass ich diese Stadt vielleicht nie bauen werde. Aber allein sie zu entwerfen, sie zu denken, war wie ein stilles Versprechen an die Zukunft: Dass wir es besser machen können. Dass Städte nicht nur funktionieren, sondern auch heilen können. Es ist die Blaupause für eine andere Welt.

Warum der Name „City of the Sun“?

Für die Kurden symbolisiert die Sonne Licht, Leben, Spiritualität und kulturelle Kontinuität – sie ist ein zentrales Element ihrer Identität und Geschichte.

🌞 Die Sonne im kurdischen Denken und Glauben

  • Zentrales Symbol im Kurdistan-Banner: Die gelbe Sonne mit 21 Strahlen steht im Zentrum der kurdischen Flagge. Sie symbolisiert Licht, Wahrheit, Kreativität und göttliche Präsenz.
  • Spirituelle Ausrichtung: In Glaubensrichtungen wie Yâresânî, Êzîdîtî und Reya Heq wenden sich Gläubige beim Gebet der Sonne zu – sie gilt als Kıble, also Gebetsrichtung.
  • Mythische Zahl 21: Die 21 Sonnenstrahlen haben in der Êzîdî-Tradition eine mystische Bedeutung. Sie stehen für Wiedergeburt, Erneuerung und den Triumph des Lichts über die Dunkelheit.
  • Newroz und Frühling: Der 21. März (Newroz) markiert den Beginn des kurdischen Kalenders, das Frühlingsäquinoktium und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit. Die Sonne steht dabei symbolisch für Hoffnung und Neubeginn.

🏛️ Historische und kulturelle Wurzeln

  • Medische Herkunft: Die Sonnenverehrung reicht bis in die Zeit der Medern zurück (6.–5. Jh. v. Chr.). Die Sonne war ein Symbol königlicher Macht und göttlicher Legitimation.
  • Königsnamen wie Mihrdad: Der Name bedeutet „vom Sonnenlicht kommend“. Kurdische Herrscher sahen sich als Kinder der Sonne, was sich auch in Namen und Ritualen widerspiegelt.
  • Sonnenkult als Zeitmaß: Der kurdische Kalender basiert auf dem Sonnenlauf – ein Zeichen für die Verwurzelung der Sonne im Alltags- und Festleben.

🔥 Sonne und Feuer als Identitätsanker

  • Kurden werden oft als „Kinder der Sonne und des Feuers“ bezeichnet. Diese Metapher steht für Widerstandskraft, Wärme, Lebenskraft und spirituelle Tiefe.
  • Auch in der Gestaltung der Flagge und in Festen wie Şeva Yelda (Wintersonnenwende) zeigt sich die zentrale Rolle der Sonne als Symbol für Wiedergeburt und Hoffnung.

Halis Kayan || 04.11.2025

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